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Wassereinbruch in den Kältemittelkreislauf

Wir sind Betreiber eines Kaltwassersatzes. Durch einen undichten Plattenwärmeübertrager drang Wärmeübertragerflüssigkeit in den Kältemittelkreislauf. Der Kaltwasserkreislauf wird mit einem 40-prozentigem Antifrogen N-Wassergemisch betrieben. Die hinzugezogene Fachfirma teilte uns mit, dass eine Reparatur nicht durchführbar sei und empfahl, eine neue Anlage zu installieren. Können Sie uns die technische Hintergründe erläutern, weshalb die Fachfirma eine Reparatur ablehnt?


Prinzipiell erfolgt die Trocknung von Kälteanlagen durch Evakuieren. Reines Wasser verdampft bei 100°C und Atmosphärendruck (1013 mbar). Mit sinkendem Druck sinkt auch der Siedepunkt und somit verdampft Wasser auch bei 20°C und 23 mbar (Absolutdruck) vollständig. Der entstehende Wasserdampf wird über die Vakuumpumpe abgesaugt und dadurch erfolgt die Trocknung der Kälteanlage.

Die Entfernung von 40-prozentigem Antifrogen N (Ethylenglykol) durch Evakuieren gestaltet sich dagegen wesentlich schwieriger, da der Dampfdruck eines Ethylenglykol/Wasser-Gemisches bei 20°C unter 0,1 mbar liegt und damit wesentlich geringer ist als der von reinem Wasser mit 23 mbar bei 20°C. Auch wenn der Enddruck üblicher Drehschieberpumpen im Neuzustand bei ca. 0,01 mbar liegt, stellt sich dieser geringe Druck nicht in der Anlage ein. Unter optimalen Bedingungen ist mit diesen Pumpen ein Anlagendruck von ca. 1 mbar erreichbar. Grund dafür sind die Druckverluste zwischen Vakuumpumpe und Anlage.

Um das Ethylenglykol/Wasser-Gemisch durch Verdampfen zu entfernen, sind zwei Wege zielführend. Zum einen muss die Temperatur erhöht werden, um einen höheren Dampfdruck zu erreichen. Dazu sind Temperaturen von mindestens 50°C nötig. Es muss die gesamte Anlage durchgewärmt werden, um die Kondensation des gerade verdampften Glykols an kälteren Stellen zu verhindern. Zum anderen kann mit mehrstufigen Pumpensystemen gearbeitet werden, um entsprechend tiefe Verdampfungsdrücke zu erreichen. Bei den Pumpensystemen kann mit einer Drehschieberpumpe als Vorvakuumpumpe und Turbomolekularpumpen als Hochvakuumpumpe gearbeitet werden. Alternativ sind auch Wälzkolbenpumpen oder Öldiffusionspumpen zur Erzeugung des Hochvakuums möglich. Zusätzlich empfiehlt sich der Einbau einer Kühlfalle zwischen Kälteanlage und Vakuumpumpe zur Kondensation von Dämpfen, bevor diese von der Vakuumpumpe angesaugt werden. Bei diesen Verfahren wird der Wassergehalt immer weiter abnehmen und der Glykolgehalt entsprechend ansteigen.

Der Erfolg der Trocknung von Anlagen, die mit reinem Wasser kontaminiert wurden, ist über Indikatorschaugläser oder über eine Vakuumdruckanstiegsprüfung möglich. Steigt der Anlagendruck nach dem Evakuieren auf 23 mbar (bei 20°C) wieder an, ist noch Wasser im Kältekreislauf. Im Gegensatz dazu ist die Feststellung von Glykol-Rückständen im Kältekreislauf nur durch spezialisierte Labore möglich.

Verbleibt Glykol im Kältekreislauf, wird das nur bei sehr tiefen Verdampfungstemperaturen zum Einfrieren des Drosselorgans führen. Wesentlich wahrscheinlicher sind Mischungen mit dem Öl und damit veränderte Öleigenschaften. Weiterhin sind Reaktionen mit Öl und Kältemittel nicht auszuschließen.

Neben dem Evakuieren kann das Glykol teilweise auch durch Ablassen aus der Anlage entfernt werden. Dazu sind geodätisch tief liegende Punkte der Anlage zu öffnen. Sofern keine Verschraubungen vorhanden sind, müssen Rohrleitungen aufgeschnitten werden. Die verbleibenden Restmengen können durch spezielle Spüllösungen aus dem Kältekreislauf entfernt werden. Die Spüllösungen verfügen über eine relativ hohe Dichte, sodass das Glykol auf der Oberfläche der Spüllösung ausgetragen wird. Der Dampfdruck der Spüllösung ist relativ hoch, was ein einfaches Evakuieren ermöglicht.

Zusammengefasst ist der technische Aufwand zur Entfernung von Glykol aus einem Kältemittelkreislauf wesentlich höher als die Entfernung von reinem Wasser. Weiterhin kann im Fall eines Glykol/Wasser-Gemisches  der Trocknungserfolg  unter Baustellenbedingungen nicht nachgewiesen werden. Dadurch stellt sich ein nicht zu unterschätzendes Restrisiko möglicher Folgeschäden ein. Unter diesen Aspekten ist die Empfehlung des Fachbetriebes, die Anlage nicht reparieren zu lassen sondern sie zu ersetzen, verständlich. Eine offene Kommunikation zwischen Betreiber und Fachbetrieb ist hilfreich, um den großen Aufwand für eine Trocknung ohne Erfolgsgarantie zu rechtfertigen. Auch die Kosten für die Nachsorge bezüglich Säuretest, Ölwechsel, Trocknerwechsel und ggf. Laboruntersuchen (Kältemittel, Öl, Werkstoffe) dürfen nicht vernachlässigt werden.