Elektrotechnische Prüfungen
Ein Kunde verlangte von uns, eine neu errichtete Kälteanlage nach VDE 0100-600 zu prüfen. Wir führen an neu errichteten Anlagen immer die DGUV-Vorschrift-3-Prüfung durch. Ist das nicht dieselbe Prüfung, und dürfen wir überhaupt nach VDE 0100 prüfen?
Da uns immer wieder Fragen im Zusammenhang mit Prüfungen im Bereich der Elektrotechnik erreichen, soll die Antwort hierzu etwas ausführlicher ausfallen. Zu beachten ist hierbei, dass das Thema durchaus komplex ist und der Prüfperson eine große Verantwortung hinsichtlich der Festlegung von Art und Umfang der Prüfungen obliegt. Die nachfolgenden Ausführungen sollen hierzu lediglich eine Orientierung bieten.
Zunächst einmal stellt sich gar nicht die Frage, ob Sie die durch Sie gebauten Anlagen prüfen dürfen – das was Sie errichtet haben, müssen Sie prüfen. Die genannte „DGUV-Vorschrift-3-Prüfung“ gibt es so nicht. Die Forderung zur Prüfung elektrischer Anlagen ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass sich elektrische Anlagen im „ordnungsgemäßen Zustand“ befinden müssen. Das bedeutet, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur an das Versorgungsnetz angeschlossen und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn der ordnungsgemäße Zustand nachgewiesen wurde. Weiterhin ist der Erhalt des ordnungsgemäßen Zustands durch Prüfungen in geeigneten Zeitabständen nachzuweisen. Diese Forderungen gelten ganz allgemein im gewerblichen wie auch im privaten Bereich.
Für die Sicherheit einer elektrischen Anlage ist deren Betreiber verantwortlich. Im gewerblichen Bereich wird der Betreiber in der Regel der Unternehmer sein. Der Unternehmer ist an die Betriebssicherheitsverordnung gebunden. Das DGUV-Regelwerk unterstützt den Unternehmer bei der Einhaltung und Umsetzung der Betriebssicherheitsverordnung. Die DGUV-Vorschrift 3 beschreibt Prüfanlässe, schlägt Prüfintervalle vor und nennt Anforderungen an die Prüfpersonen hinsichtlich der Qualifikation. Ansonsten gibt sie keinerlei Hinweise auf die Art und Durchführung der Prüfungen. Konkretisiert werden die Prüfungen in den jeweils anzuwendenden DIN-VDE bzw. DIN-EN Vorschriften. Das bedeutet, dass im jeweiligen Fall die einschlägigen Hersteller-, Errichter- oder Betreibernormen heranzuziehen sind. Hierbei ist wiederum zu unterscheiden, ob der jeweilige Fall nach nationaler oder nach harmonisierter Normung zu betrachten ist und ob zusätzlich vom Betreiber vorgegebene Werksvorschriften zu beachten sind.
Erstprüfung:
- Der Anschluss einer Anlage oder eines Gerätes an das Versorgungsnetz (in einer geeigneten Unterverteilung) und die Zuleitung zur Anlage bzw. zu dem Gerät sind Teile der Gebäudeinstallation und somit nach der Vorschriftenreihe DIN VDE 0100 zu errichten. Sie müssen nach DIN VDE 0100-600 geprüft werden.
- Die elektrische Ausrüstung einer Kälteanlage wird in der Regel als elektrische Ausrüstung einer Maschine zu betrachten sein. Diese wird nach DIN EN 60204-1 errichtet und geprüft.
- Ein Schaltschrank gilt als Niederspannungs-Schaltgerätekombination gemäß DIN EN 61439-1 und -2 und ist nach den Anforderungen dieser Normen herzustellen und zu prüfen.
- Sollte es sich bei dem zu prüfenden Objekt um ein Gerät handeln, für das eine entsprechende Produktnorm der Reihe DIN EN 60335 vorliegt, so ist das Gerät nach dieser herzustellen und zu prüfen.
- Werden geprüfte Geräte am Aufstellungsort miteinander verbunden, so muss zumindest die Verbindung geprüft werden.
- Neben den oben beschriebenen Errichternormen sind die Verhältnisse am Aufstellungsort zu berücksichtigen. Für den sicheren Betrieb der Anlagen und Geräte ist der Betreiber verantwortlich. Die vom Betreiber festgelegten Anforderungen und Maßnahmen hinsichtlich der Sicherheit sind bei der Prüfung zu berücksichtigen.
Wiederholungsprüfungen:
Anlagen und Geräte, die sich in Betrieb befinden, unterliegen anderen Voraussetzungen, als Neuanlagen bzw. fabrikneue Geräte. Dies ist bei einer Wiederholungsprüfung zu berücksichtigen. Die Wiederholungsprüfung soll keine Wiederholung der Erstprüfung sein.
- Elektrische Anlagen, die sich in Betrieb befinden, müssen nach DIN VDE 0105-100 geprüft werden.
- Ortsfeste und ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel sind nach DIN VDE 0701/0702 zu prüfen.
- Bei fest angeschlossenen Geräten ist unter Umständen eine Prüfung nach DIN VDE 0105-100 oder nach DIN VDE 0701/0702 möglich.
- Die Prüfungen sind, je nach Art der Anlage oder des Betriebsmittels, ggf. durch Inhalte der zutreffenden Errichternorm zu ergänzen.
- Unter Umständen sind weitere betriebsspezifische Vorschriften und Richtlinien zu beachten.
Anforderungen an die Prüfperson:
Die Festlegung der durchzuführenden Prüfschritte, also Art und Umfang der Prüfungen, obliegt der Prüfperson. Dies setzt voraus, dass die Prüfperson eine sehr erfahrene Elektrofachkraft ist, die sich einerseits mit der Durchführung von Prüfungen sehr gut auskennt und die weiterhin die zu prüfenden oder vergleichbare Anlagen und Betriebsmittel hinsichtlich deren Funktion in ausreichendem Umfang kennt. Dies bedeutet, dass die Prüfperson nicht nur über die Qualifikation einer Elektrofachkraft verfügen muss, sondern dass sie gleichzeitig die Anforderungen an eine befähigte Person nach TRBS 1203 hinsichtlich Berufsausbildung, Berufserfahrung und zeitnaher beruflicher Tätigkeit erfüllen muss.
Anforderungen an die Ausübungsberechtigung zur Durchführung von Prüfungen:
Der Kälteanlagenbauer-Fachbetrieb mit Eintragung nach §1 HwO errichtet gemäß des Berufsbildes Gebrauchs- und Arbeitsgeräte der Kälte- und Klimatechnik. Er führt Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an diesen durch. Im Rahmen dieser Tätigkeiten hat er Prüfungen z.B. nach DIN VDE 0105-100, DIN VDE 0701/0702 und ggf. DIN EN 60204-1 durchzuführen.
Verfügt der der Kälteanlagenbauer-Fachbetrieb zusätzlich nach §7a HwO über eine Ausübungsberechtigung im Elektrotechniker-Handwerk, so darf er Gebrauchs- und Arbeitsgeräte der Kälte- und Klimatechnik an eine geeignete Unterverteilung anschließen und in Betrieb nehmen. Hierbei sind Prüfungen z.B. nach DIN VDE 0100-600 und DIN EN 60204-1 durchzuführen.
Fazit:
Die Erstprüfung der elektrischen Ausrüstung einer Kälteanlage erfolgt nach DIN EN 60204-1. Der Netzanschluss und die Zuleitung zu der Kälteanlage sind nach DIN VDE 0100-600 zu prüfen. Gegebenenfalls sind weitere Vorschriften und Richtlinien bei der Prüfung zu beachten.
Voraussetzung für den Anschluss der Anlage an eine geeignete Unterverteilung und die Durchführung der elektrischen Inbetriebnahme der Anlage ist die Eintragung nach §7a HwO in das Elektrotechniker-Handwerk. Die Prüfperson muss als befähigte Person nach TRBS 1203 gelten.
Zusatzbemerkung:
Sollen eigene Betriebsmittel, Geräte oder Anlagen geprüft werden, so gelten auch dabei die beschriebenen Bedingungen und Zusammenhänge. Zusätzlich sollte man sich die Frage stellen, ob hierbei nicht ein Interessenskonflikt besteht, der eine objektive Bewertung bei den Prüfungen erschwert oder gar unmöglich erscheinen lässt.